©:  Sgl. der Düsseldorfer Kunstakademie im Museum Kunst Palast Düsseldorf
zoom_in
©: Sgl. der Düsseldorfer Kunstakademie im Museum Kunst Palast Düsseldorf
Juste de Juste (1543)
Projekt (abgeschlossen)
Formprozess & Modellierung

Gender & Gestaltung

Das Projekt zielt darauf ab, die Gestaltung von Geschlecht unter der dreifachen Perspektive von Mode, Habitus und medizinischem Wissen historisch zu untersuchen. An jeweils exemplarischen Szenarien des 16. Jahrhunderts., des Deutschen Kaiserreichs und der Gegenwart wird die Frage diskutiert, was Geschlecht sei oder sein solle.

Seit Anfang 2014 arbeitet das Projekt »Gender & Gestaltung« des Exzellenzclusters Bild Wissen Gestaltung der Humboldt-Universität zu Berlin in voller Besetzung zusammen. Im Zentrum der Forschung stehen hier die geschlechtergeschichtlichen und gendertheoretischen Dimensionen der drei zentralen Kategorien des Clusters: Bild, Wissen und Gestaltung. Der historische Bogen spannt sich mit den individuellen Arbeitsschwerpunkten und Forschungsfragen der Beteiligten von der Frühen Neuzeit bis in die Gegenwart. Alle gemeinsam gehen davon aus, dass der geschlechtlich codierte Körper mit den ihm zugewiesenen »Körpertechniken« ein zentraler Ort gesellschaftlicher und politischer Praxis wie der Evidenz- und Wahrheitsproduktion ist. Methodisch unterscheidet das Projekt immanente und funktionale Bildevidenz.

Konkret werden visuelle wie materielle Gestaltungsprinzipien von Geschlecht vor allem auf solche Evidenz- und Naturalisierungseffekte hin untersucht, die das Wechselverhältnis zwischen Individual- und Kollektivkörper [sowie dessen Grenzen] etwa in der Konstitution des Nationalstaats bestimmen. (Naturalisierende) Evidenz stellt das Scharnier zwischen Individual- und Kollektivkörper dar. Dabei geht das Projekt davon aus, dass Prozesse der Hervorbringung, Visualisierung und Inszenierung von Einzel- und Kollektivsubjekt jeweils an soziale Grenzziehungsprozesse durch Differenzkategorien wie Raum, Geschlecht, »Rasse« oder Klasse gebunden sind.

Das Projekt interessiert sich vor allem für die spezifischen Effekte der geschlechtlichen Codierungen des visualisierten corpus fictum, und es geht zugleich von der Hypothese aus, dass eine enge Beziehung zwischen politischen Prozessen der Grenzziehung und den Körpern der Einzelnen als Subjekten und Objekten solcher Prozesse besteht. So diente etwa die weibliche Landesrepräsentation seit der Frühen Neuzeit der Naturalisierung territorialer Einheit, konnte aber auch die Unterworfenheit eines Landes unter einen männlichen Herrscher symbolisieren. Dabei stellt das Projekt die Hypothese auf, dass symbolische Grenzziehungen – nicht nur zwischen Territorien, sondern auch soziale oder rassistische wie solche zwischen den Geschlechtern –, die sich visueller Mittel bedienen, und konkrete Praktiken, die sich auf den Körper auswirken, auf ihn zielen oder durch ihn wirken, eng miteinander verschränkt sind.

Das Projekt »Gender und Gestaltung« zielt darauf, die gestalterischen Dimensionen von Geschlecht an exemplarischen Szenarien zu thematisieren und auf ihre materiellen Konsequenzen hin zu analysieren. Gestaltung wird als diskursiver und historisch veränderlicher Prozess verstanden, mithin als verhandelbar. Damit hat Gestaltung eine politisch-ethische Dimension. Geschlecht wird im Rahmen des Projektes als Ordnungskategorie verstanden, wobei der Fokus jeweils auf ihrer zeit- und ortsabhängigen Genese sowie den daraus resultierenden Implikationen für alle anderen Bereiche des sozialen Lebens liegt.