Image Guidance
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Image Guidance

Image Guidance

Projektbeschreibung

Image Guidance ist ein bildkritisches Forschungsprojekt, das aus der medizinischen Praxis heraus und unter den Bedingungen klinischer Intervention Vorschläge zur Gestaltung therapeutischer Prozesse und Anwendungen entwickelt. 

Im Zentrum des Projektes steht der Komplex jener Visualisierungspraktiken, die als Schnittstelle zwischen Ärzt_innen und Patient_innen handlungsanleitend wirksam sind und die in Fallstudien untersucht werden, um bildgeführte Operationsformen im Austausch mit den Bereichen Anwendung und Entwicklung prüfen und bewerten zu können. 

Die Analyse der medialen Rahmenbedingungen bildgeführter Intervention soll die zugrundeliegenden Darstellungs-, Wahrnehmungs- und Handlungsformen herausarbeiten und über Disziplingrenzen hinweg auch auf Situationen und Kontexte übertragbar machen, in denen die Verflechtung von Bild und Handlung vergleichbar eng oder sogar unumgänglich ist. 

Insbesondere die radio-onkologischen und chirurgischen Therapien haben in den letzten Jahren eine Reihe von Verfahren hervorgebracht, die den Prozess der Bildgebung und Bildführung weit über die reine Diagnostik hinaus ausdehnen. Bestrahlungsanlagen wie CyberKnife synchronisieren inzwischen prä- und intraoperative Visualisierungspraktiken in Echtzeit und Robotertechnik wie das Operationssystem DaVinci ermöglicht die Ausführung chirurgischer Eingriffe am Bildschirm. Die dafür notwendigen Techniken der Steuerung und Automation, der visuellen Registrierung, der Optik, der strahlenbasierten Operation und der Programmierung werden gezielt auf den Kontext von Image Guidance hin entwickelt.

Operationsroboter, endoskopische Navigationssysteme oder intraoperative Augmented-Reality-Anwendungen verbessern nicht nur konventionelle Methoden und Behandlungsmöglichkeiten, sondern verändern die medizinische Diagnostik und Therapie grundlegend. Angesichts der damit verbundenen Bildregime operiert die medizinische Praxis heute nicht mehr nur an menschlichen Körpern, sondern auch an und mit Bildformen wie Röntgenbildern, graphischen Benutzeroberflächen, 3D-Modellen und Videobildern, in denen der ärztliche Eingriff medial definiert und vermittelt wird. Die Praxis der Image Guidance erfordert ein Bildwissen, welches die Curricula der medizinischen Ausbildung bisher nicht bereitstellen. 

Zielsetzung

Vor diesem Hintergrund verfolgt das Projekt das übergeordnete Ziel, die wissenschafts- und kulturgeschichtliche Herausbildung, konkrete Gestaltung und anwendungsorientierte Logik bildgeführter Operationen eingehender zu untersuchen, das mit ihr verbundene implizite und imperative Bildwissen herauszuarbeiten und daraus Konsequenzen für die ärztliche Ausbildung abzuleiten. Insgesamt zielt das Projekt darauf ab, Image Guidance als Begriff und Verfahren sowohl konzeptuell und epistemologisch als auch in der medizinischen Praxis zu verankern und zukünftige Optimierungs- und Entwicklungsmöglichkeiten auszuloten.

Die Forschung des Projekts konzentriert sich auf die folgenden Schwerpunkte, die in Kooperation von Medizin, Kunstgeschichte, Kultur- und Medienwissenschaft bearbeitet werden:

  • Bestimmung der ästhetischen, operationalen und epistemischen Bedingungen, unter denen Visualisierungen im medizinischen Kontext zu Bildern der Steuerung und Handlungsanleitung werden
  • systematische Analyse aktueller bildgeführter Verfahren in der Radioonkologie und Radiochirurgie sowie Identifikation zukünftiger Entwicklungsfelder und Auslotung von Optimierungsmöglichkeiten im Hinblick auf Visualisierungspraktiken, Softwaredesign und Betrachtungstechniken
  • verfahrensbezogene Konzeption der visuellen Epistemik medizinischer Bildtypen und Untersuchung ihrer Implikationen für die medizinische Praxis
  • Vergleich ästhetisch-epistemischer Strategien bildgebender Verfahren in der Medizin und ihres disziplin- und medienübergreifenden Einsatzes in Literatur und Kunst
  • Verankerung von Image Guidance als Begriff in der Theoriebildung und Verfahren in der medizinischen Praxis
  • Etablierung einer anwendungsbezogenen Bildkompetenz als fester Bestandteil der medizinischen Ausbildung

Durchführung

Im Projekt forschen Mediziner_innen, Medien- und Kulturwissenschaftler_innen und Kunsthistoriker_innen gemeinsam. Weitere Mitarbeiter_innen aus Physik, Design und Informatik sind erforderlich. Geplante Arbeitsschritte sind:  

  1. Organisation einführender Workshops zur Fragestellung, Methodik und Terminologie.
  2. Konzeption eines interdisziplinären Settings zur Analyse von bildgeleiteten Techniken in Arbeitssituationen der Radio-Onkologie. 
  3. Erstellung eines Datenrepositoriums zu Bildformen und -kontexten, welches die verwendeten Technologien indiziert und einen transdisziplinären Vergleich erlaubt. 
  4. Experimentelle Anordnungen, welche die verschiedenen Kombinationen von Darstellungsverfahren und Technologien der Steuerung, Markierung, Programmierung, Visualisierung, Operation erproben und Vorschläge aus nichtmedizinischen (gestalterischen und geisteswissenschaftlichen) Fächern unter dem Gesichtspunkt therapeutischen Nutzens und technischer Machbarkeit überprüfbar machen. 
  5. Übersetzung der Ergebnisse in ein anwendungsbezogenes Handbuch. 

Ergebnissicherung

Geplant ist die Herausgabe eines studienbegleitenden, international verlegten Handbuches »Image Guidance«, welches den Gegenstand als festen Bestandteil des medizinischen Curriculums ansieht, dabei das Augenmerk auf die Besonderheiten und Risiken neuer Verfahren richtet und zu deren Optimierung in anwendungsbezogener wie technischer Hinsicht beiträgt.