©:  17mystere: Modèle de la Lune en 1898
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©: 17mystere: Modèle de la Lune en 1898

Modelle in der Gestaltung. Zur Verständigung über Entwurfsprozesse

Das Projekt untersucht die Entwicklung und den Gebrauch von Modellen in poietischen Vorgängen, d.h. in wissenschaftlichen, künstlerischen und konkret konstruierenden Gestaltungs- und Erkenntnisprozessen sowie im Prozess der Formierung gesellschaftlicher Wirklichkeiten

Ein wesentlicher Schwerpunkt liegt auf der Bedeutung von Modellen für die Veranschaulichung zeitkritischer Prozesse. In Experimenten, Falluntersuchungen und historischen Studien werden poietische Vorgänge erfasst, Modellformen identifiziert und Prozesse, die der Formierung von Modellen in unterschiedlichen Wissensbereichen zugrunde liegen, konzeptualisiert. 

Das Projekt dient somit der interdisziplinären Verständigung über Entwurfsprozesse und zielt auf die Grundlegung einer allgemeinen Theorie der »Modelle in der Gestaltung«. 

Forschungsthema

Ein differenziertes Verständnis der Gestaltung erscheint als Desiderat der auf die Praxis der Künste, des Engineering und der Wissenschaften bezogenen Forschung. Die Arbeit des Projekts ist auf die Annahme gestützt, dass eine allgemeine Modellierung poietischer Vorgänge und die exemplarische und systematische Untersuchung des Gebrauchs und des Einflusses von Modellen auf poietische Vorgänge wesentlich zum Verständnis der Gestaltung beitragen können. Unter poietischen Vorgängen werden Entwurfsprozesse im weitesten Sinn gefasst. Dazu zählen insbesondere auch wissenschaftliche, künstlerische und konkret konstruierende Gestaltungs- und Erkenntnisprozesse.

Der gemeinsame Schwerpunkt der beteiligten Disziplinen Literatur- und Kulturwissenschaft, Psychologie, Architektur, Materialforschung und Theoretische Informatik liegt im Projekt auf Modellen zur Veranschaulichung differenter zeitkritischer Prozesse. In Experimenten, Falluntersuchungen und historischen Studien sollen poietische Vorgänge erfasst und Modellformen identifiziert sowie jene Prozesse konzeptualisiert werden, die der Formierung und dem Gebrauch von Modellen in unterschiedlichen Wissensbereichen zugrunde liegen. Die Projektarbeit dient somit der interdisziplinären Verständigung über Entwurfsprozesse und zielt zudem auf die Grundlegung einer allgemeinen Theorie von »Modellen in der Gestaltung«. Eine solche Theorie soll Möglichkeiten und Prinzipien der Gestaltung und des Modell- und Bild-Gebrauchs aufklären, sprachlich erfassen und exemplarisch veranschaulichen. Die Arbeitsergebnisse des Projekts werden intern und extern veröffentlicht.

Zielsetzung

Durch die disziplinübergreifende Zusammenarbeit der Beteiligten soll die Problemlage der Beziehung von Modell und Gestaltung in poietischen Vorgängen identifiziert und ein gemeinsames Verständnis der Kernfragen zur Rolle und Form von Modellen in der Gestaltung entwickelt werden. Zu klären ist dabei, wie der Modellgebrauch in der Praxis beschrieben, analysiert und schematisiert werden kann. Hierfür ist in diachroner wie synchroner Perspektive zu klären, wie Modelle zwischen Anschaulichkeit und Abstraktion, zwischen Analyse und Synthese sowie zwischen Evidenzerzeugung und Ausblendung operieren. Das schließt die psychologische und neurologische Frage danach, welche konkreten perzeptiven und kognitiven Prozesse über welche Art von Modellen angesprochen werden ebenso ein, wie die epistemologische Frage nach den Denk- und Handlungsräumen, die über Modellbildung eröffnet oder verschlossen werden. Durch die disziplinäre Arbeit im Projekt sollen Antworten auf konkrete Fragen im Rahmen dieser Problemlage gegeben werden.

Durchführung

Bei der Gestaltung, und allgemein in poietischen Vorgängen, werden Techniken und Verfahren eingesetzt, um einen Entwurf zu initiieren, zu unterhalten, auszurichten und zu finalisieren. Hierzu zählen Mittel wie Gedankenexperimente, Vorbilder, Erprobungen, Bilder, Prinzipien, Vorschriften, Heuristiken, Muster, Regeln, Formulare und Zielvorstellungen, die hinsichtlich ihres Einflusses auf die Objektfindung als Modelle verstanden und befragt werden sollen. Die Befragung und Analyse des Einsatzes von Modellen wirft in einem zweiten Schritt die Frage auf, ob und wie deren Einfluss exemplarisch belegt und systematisch erfasst werden kann, und welche Erkenntnisse aus dieser Erfassung für ein tieferes Verständnis von Gestaltung gewonnen werden können. Das Projekt erfasst somit zunächst in Experimenten, Falluntersuchungen und historischen Studien poietische Vorgänge und identifiziert Modellformen. Auch diejenigen Prozesse, die Modelle in unterschiedlichen Wissensbereichen formen, werden konzeptualisiert.

In der Forschung werden häufig zeitliche Abhängigkeiten und damit verbundene Dynamiken in räumliche Anordnungen übersetzt, deren Zeitabhängigkeit wiederum durch die Zeit der Rezeption bestimmt ist. Diese Beobachtung wirft die Fragen auf, wie Vorgänge und Dynamiken in solchen Übersetzungen modelliert werden können und ob sich allgemeine Prinzipien der Skalierung und Synchronisation finden lassen, die diesen Übersetzungen zugrunde liegen.

Weitergehend ist auch nach den Funktionen von Modellen bei der Gestaltung gesellschaftlicher Wirklichkeiten zu fragen. Modellierungen dienen der diskursiven und realen Ausgestaltung von Institutionen und sozialen Verhältnissen; sie können diese ausdifferenzieren, festschreiben und regulieren. Wo sind jedoch die Grenzen solcher Modellierungen? Lassen sich historische Situationen identifizieren, in denen Modellbildung unterlaufen wird und informelle Regulierung sowie schwer lokalisierbare Instanzen vorherrschen?

Konkret wurde im ersten Jahr die mit dem Projekt verbundene Problemlage aus disziplinärer wie aus interdisziplinärer Perspektive identifiziert und ein gemeinsames Verständnis der Kernfragen zur Rolle und Form von Modellen in der Gestaltung entwickelt. Ergänzend dazu werden in der Diskussion mit anderen Projekten des Clusters Fragen der Modellierung diskutiert sowie insbesondere visuelle Präsentation von Prozessen und Zeitabhängigkeiten gruppenübergreifend zum Thema gemacht. Im zweiten Jahr werden dann mittels Interviews und einem Workshop die Kernfragen des Projekts einer breiteren Öffentlichkeit zur Diskussion gestellt und Antworten auf die zentralen Fragen des Projekts gegeben.

Ergebnissicherung

Im Rahmen der interdisziplinären Zusammenarbeit werden aus den gewonnenen Erkenntnissen und Modellen gemeinsame Publikationen erarbeitet (z.B. zum Modellbegriff und zum Modellgebrauch aus den Perspektiven verschiedener beteiligter Disziplinen). Darüber hinaus werden durch den Rückgriff auf diese Erkenntnisse Rückwirkungen auf die jeweiligen Disziplinen angeregt. Die erarbeiteten Schriften werden projektintern verbreitet, der Clusteröffentlichkeit bekannt gemacht und in Aufsätzen publiziert. Es gehört zur Vision des Projektes als Ganzem, dass durch die interdisziplinäre Zusammenarbeit zur Erforschung des Modellgebrauchs in der Gestaltung bzw. allgemeiner in poietischen Vorgängen Erkenntnisse gewonnen und Modelle entwickelt werden, die sich mit den Erkenntnissen und Modellen der Bild-, Wissens- und Gestaltungsforschung anderer Projekte des Clusters zu einer allgemeinen Theorie des Zusammenhangs von Bild, Wissen und Gestaltung formulieren lassen.